
Franziska Crössmann
đżEngelwurz (Angelica archangelica)đż

Die Engelwurz ist eine sehr alte und wichtige Heilpflanze in unseren Breitengraden. Leider ist sie weitestgehend in Vergessenheit geraten. Ihre Wurzel verströmt einen intensiven Duft - prĂ€destiniert fĂŒr die Aromatherapie und -praxis. Das Ă€therische Ăl ist vielfĂ€ltig einsetzbar. Seine antivirale und stimmungsaufhellende Wirkung macht sie zu einer wichtigen Pflanze unserer Zeit.
Bot. Name: Angelica archangelica
Familie: DoldenblĂŒter (Apiaceae)
Volksnamen: Engelwurz, Erzengelwurz, Engelbrustwurz, Heiligenbitter, Theriakwurzel, Geilwurzel, GlĂŒckenwĂŒrzel, Dreieinigkeitswurzel
Namen in anderen Sprachen: Archangel (EN), Archangélique (FR), Angelica di boemia (IT)
Verwendete Teile in der Pflanzenheilkunde: alle Teile
Verwendete Teile in der Aromatherapie: Wurzeln und Samen
Inhaltstoffe der Pflanze: Ă€therisches Ăl, Bitterstoffe, Gerbstoffe, StĂ€rke, Pektin, Zucker, Furanocumarine
Anwendung in der traditionellen KrĂ€uterheilkunde: Wirkt antibakteriell, schleimlösend, schmerzlindernd, beruhigend, durchblutungsfördernd, magenstĂ€rkend, mild schleimlösend, appetitanregend, entblĂ€hend und entkrampfend. Psychisch wirkt die Engelwurz nervenberuhigend, aufbauend, stabilisierend, angstlösend, seelisch aufhellend. HierfĂŒr kann gut das Ă€therische Ăl verwendet werden.
Beschreibung:
Zwei bis dreijĂ€hrige Pflanze mit dicker Pfahlwurzel. Der StĂ€ngel ist hohl, schwach gerillt, rötlich grĂŒn und kann bis zu 10 cm dick werden. Die BlĂ€tter sind zwei- bis dreifach gefiedert.
Sie blĂŒht von Juli bis August. Die weiĂen Dolden können bis zu 15 cm Durchmesser haben. Die gesamte

Pflanze kann bis zu 2,5 m hoch werden. In der Regel bildet sie im ersten Jahr BlĂ€tter, im zweiten Jahr BlĂŒten.
UrsprĂŒnglich auf Island, Grönland und Skandinavien vorkommend ist die Engelwurz heute in der gesamten nördlichen HemisphĂ€re und Neuseeland verbreitet. Wild kann man in unseren Breitengraden die Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris) sammeln. Sie wĂ€chst auf feuchten Wiesen, an Ufern oder feuchten Waldlichtungen.
FĂŒr ungeĂŒbte KrĂ€utersammlerInnen besteht eine Verwechslungsgefahr mit giftigen DoldenblĂŒtlern wie dem Wasserschierling (Cicuta virosa) oder dem RiesenbĂ€renklau. Eine Verwechslungsgefahr besteht auch mit dem Wiesen-BĂ€renklau (Heracleum sphondylium). Dieser ist zwar ungiftig, wird aber in der Pflanzenheilkunde anders eingesetzt.
AuĂerdem sollte man beider ernte aufpassen, da die oberirdischen Teile stark fototoxisch wirken können und die sog. âAngelikadermatitisâ auslösen kann. Es wird empfohlen Handschuhe zu tragen.

Die Erzengelwurz (Angelica archangelica) wird in Polen, Holland, Deutschland und vereinzelt in Frankreich, Belgien und Italien angebaut. Erntezeit fĂŒr die Samen ist August bis September, fĂŒr die Wurzel FrĂŒhling und Herbst. Traditioneller Erntezeitpunkt im Volksglauben ist der Erzengeltag (29.09.) in der Mittagszeit.
Geschichte
Die Engelwurz ist eine sehr alte Heilpflanze, die auf der ganzen nördlichen Erdhalbkugel genutzt wurde. Bei den indigenen Völkern Nordamerikas wird ihr ein guter Geist zugesprochen und sie wird als GlĂŒcksbringer und Schutzpflanze vor bösen Geistern verwendet. Der Legende nach wurde den Menschen die Heilkraft der Pflanze von einem Engel offenbart. Daher stammt ihr Name.
Ihre Ă€therischen Ăle machte man sich auch schon vor Erfindung der Destillation, z.B. durch RĂ€uchern zunutze. Sie war ein fester Bestandteil von SchutzrĂ€ucherungen. Bevor der exotische Weihrauch fĂŒr die normale Bevölkerung erschwinglich wurde, wurde in Sterbezimmern Engelwurz verrĂ€uchert um zwischen den Welten (Erde und Himmel) zu vermitteln. AuĂerdem soll die RĂ€ucherung verirrte Seelen ins Lich fĂŒhren.
Schon im Mittelalter war die Pflanze als vorbeugendes Mittel gegen Ansteckung bekannt. In Pestzeiten kauten die Ărzte wĂ€hrend der Behandlung von Pestkranken auf einer Angelikawurzel, um sich vor Ansteckung zu schĂŒtzen.
Angelika war Bestandteil des Allheilmittels âTheriakâ.
Die Ă€therischen Ăle von Wurzel und Samen wurden frĂŒher als Abortivum verwendet.
Das Ă€therische Ăl

In der Regel handelt es sich bei Angelikaöl um das Ă€therische Ăl der Wurzel der groĂe Engelwurz (Erzengelwurz, Angelica archangelica). Es kann auch aus den Samen destilliert werden, riecht dann aber weniger intensiv und ist seltener erhĂ€ltlich.
Die heimische Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris) enthĂ€lt weniger Ă€therisches Ăl.
Angelika-Wurzelöl
Gewinnung: Wasserdampfdestillation. 300 kg Wurzeln ergeben 1 kg Ăl. Die Wurzeln werden klein geschnitten und anschlieĂend zwei bis drei Jahre gelagert und fermentiert. Erst dann wird sie destilliert. Dieses aufwendige Verfahren und die geringe Ausbeute macht Angelika zu einem recht teuren Ăl. 5 ml liegen im Handel zwischen 15- 50 âŹ.
Inhaltsstoffe: 90-95 % Monoterpene (v.a. alpha-Pinen, Limonen), Monotepenole, Sesquiterpene, in Spuren Furocumarine und Sesqui- und Diterpenole.
Durch die Furocumarine kann das Ăl hautreizend wirken und eine FotosensitivitĂ€t hervorrufen. Daher sollte man SonnenbĂ€der meiden, wenn man zuvor Ălmischungen mit Angelikaöl aufgetragen hat. Bei einer Dosierung unter 0,78 % (ca. 16 Tropfen auf 100 ml TrĂ€geröl) kommt es allerdings nicht mehr zu phototoxischen Reaktionen. Doch auch die Furocumarine haben positive Eigenschaften. Einige Studien legen nahe, dass sie antitumoral und stimmungsaufhellend wirken. AuĂerdem verlĂ€ngern sie die Haltbarkeit der Ăle.
Wirkung des Ă€therischen Ăls
Körperlich: antibakteriell, schleimlösend, schmerzlindernd, beruhigend, durchblutungsfördernd, magenstÀrkend, mild schleimlösend, appetitanregend, entblÀhend und entkrampfend.
Psychisch: nervenberuhigend, aufbauend, stabilisierend, angstlösend, seelisch aufhellend.
An einer US-amerikanischen UniversitĂ€t wurden die Ă€therischen Ăle des schwarzen Pfeffers (Piper nigrum) und der Angelikawurzel (Angelica archangelica) auf ihre Wirkung untersucht, die Spitzen des dringenden Verlangens nach Nikotin abzumildern. In der Studie mit 20 ProbandInnen erfolgte eine 2-minĂŒtige Trockeninhalation (auf einem Papiertuch), wann immer das BedĂŒrfnis nach Nikotin deutlich spĂŒrbar wurde. Beide Ăle verzögerten den Griff zur nĂ€chsten Zigarette.
Geruch: Das hellgelbe bis bernsteinfarbene Ăl riecht stark erdig und wĂŒrzig. Es hat moschusartige Anteile, dies liegt am pflanzlich selten vorkommenden Riechstoff Pentadecanolid. Er gehört zu den stĂ€rksten pflanzlichen DĂŒften und wirkt stark ausgleichend, hilft bei depressiven Verstimmungen und gibt Mut.
Man sagt, dass das Sonnenlicht durch den stabilen hohlen StĂ€ngel in die Wurzel geleitet und dort gespeichert wird. Diese Leuchtkraft soll bei RĂ€uchern der Wurzeln oder vom Ă€therischen Ăl wieder abgegeben werden. Sie gilt als Vermittler zwischen Himmel und Erde gilt. Das begrĂŒndet sich einerseits an den starken Wurzeln und dem warmen, erdenden Geruch, anderseits am hohen aufstrebenden Wuchs und den weiĂen luftigen BlĂŒten.
Das Ăl kann Angst nehmen und wieder Kraft verleihen. Es erdet und hilft bei kreisenden Gedanken.
Angelikawurzelöl ist als Einzelduft nur bedingt fĂŒr SĂ€uglinge und Kleinkinder (bis 3 Jahre) geeignet. Es sollte nur in minimaler Konzentration oder in einer Mischung mit anderen DĂŒften eingesetzt werden.
Angelikasamenöl entspricht in der Wirkung in etwa der des Wurzelöls. Da es keine Furocumerine enthÀlt, ist es milder.
Anwendungsbereiche fĂŒr Wurzel- und Samenöl
Bei ErkĂ€ltungskrankheiten, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Gicht, Schlafstörungen, Burnout, mangelndes Selbstvertrauen und Ăberempfindlichkeit, depressive Verstimmung, Winterdepression, Ăngste.

Engelwurzbalsam fĂŒr Schnupfennasen
35 gr Lanolin (Wollfett)
20 ml Johanniskrautöl (Rotöl) oder neutrales Mandelöl
2 gr Bienenwachs
7 Tr. Angelikawurzel
2 Tr. Majoran
1 Tr. Thymian (bei Kindern ab 3 Jahren)
Lanolin im Wasserbad schmelzen, Johanniskrautöl und Bienenwachs dazugeben und so lange rĂŒhren, bis sich das Bienenwachs aufgelöst hat. Von der Herdplatte nehmen und leicht abkĂŒhlen lassen.
Nun die Ă€therischen Ăle hinzugeben. In einen Tiegel fĂŒllen und unverschlossen abkĂŒhlen lassen.
Die Salbe unterstĂŒtzt bei verstopfter Nase und geschwollenen NasenschleimhĂ€uten. Sie kann helfen, Verstopfungen der Nasennebenhöhlen zu lösen.

Alle Hinweise auf Heilwirkung und Gebrauch von Ă€therischen Ălen und Heilpflanzen haben ausschlieĂlich informativen Charakter.
Ich empfehle hinsichtlich eigener Anwendungsmöglichkeiten ausdrĂŒckliche RĂŒcksprache mit Arzt, Heilpraktiker oder Apotheker.
Die Anwendung von Ătherischen Ăle ist kein Ersatz fĂŒr medizinische oder psychiatrische
Behandlungen.