
Bot. Name: Stellaria media
Volksname: Sternmiere, Hühnermiere, Mausdarm, Hühnerdarm, Hühnerbiss, Hühnerdarm. Vögel, vor allem Hühner, essen das Kraut gerne. Daher auch Vogelmiere.
Der botanische Name „Stellaria“ bedeutet „Sternchen“ und bezieht sich auf die kleinen weißen Blüten.
Familie: Nelkengewächse (Caryophyllaceae)
Botanik: Die Vogelmiere ist ein niederliegendes Kraut und wächst teppichartig. Die einjährige Pflanze erreicht Wuchshöhen von 5 bis 10 cm. Sie hat eiförmige und leicht spitz zulaufende Blätter (0,5 – 2 cm), die einen glatten Blattrand haben. Sie wachsen jeweils gegenständig an den stark verästelten Stängeln. Der Stängel ist rund und einzeilig behaart. Das ist eines der wichtigsten Erkennungsmerkmale. Das zweite wichtige Merkmal ist der dehnbare „Faden“, der innere Gefäßbündelstrang, den man sieht, wenn man den Stängel vorsichtig auseinander zieht. Daher stammt auch der Volksname „Mäusedarm“.
Mehr zu diesen beiden Merkmalen siehst du in diesem Video:
Sie bildet fünfblättrige, weiß gefärbte Blütenblätter, die jeweils zweiteilig sind. Bei günstigem Klima blüht die Vogelmiere das ganze Jahr über, immer in frostfreien Phasen. Das Besondere an dem Kraut ist, dass sie im Gegensatz zu anderen „Winterkräutern“ nicht einfach nur in der Kälte durchhält, sondern tatsächlich auch neu austreibt. Daher haben wir hier die Möglichkeit, wirklich frisches Grün zu ernten.
Die Vogelmiere ist ein Archäophyt. Das bedeutet, sie ist bei uns in Mitteleuropa nicht ursprünglich heimisch, wurde aber schon vor sehr langer Zeit hierher gebracht. Sie begleitetete schon die Menschen schon der Steinzeit. In Amerika gilt sie als Neophyt und inzwischen hat sich auf der ganzen Welt verbreitet. Schon in der Eiszeit wuchs sie und diente in der Tundra vermutlich als Futter für Steppentiere. Besonders gut verbreitete sie sich dann auf frisch gerodeten Flächen in der Jungsteinzeit. Dies zeigten Pollenanalysen.
Am liebsten wächst sie auf nährstoffreichen, bearbeiteten Ackerflächen. Sie ist ein Stickstoffanzeiger. Die Pflanze breitet sich so gut aus, da sie bis zu 15.000 Samen im Jahr ausbilden und mehrere Generationen hervorbringen kann. Da Samen sind dazu auch noch sehr robust und bleiben bis zu 50 Jahre keimfähig. Außerdem ist die Pflanze nicht auf Bestäubung durch Insekten angewiesen, sondern kann sich auch selbst bestäuben, wenn die Insekten fehlen. Sie verbreitet sich schnell und wurzelt überall, wo die Stängelknoten den Boden berühren. Die Vogelmiere wurzelt allerdings nicht tief, sie kann also leicht gejätet werden. Sie benötigt keine tiefen Wurzeln, denn sie versorgt sich auch mit Wasser, indem sie den Tau über die Härchenreihe aufnimmt.
Die Vogelmiere ist ähnlich wie der Giersch ein Kraut, das den Zorn der Gärtner auf sich gezogen hat. Doch auch wie der Giersch, ist sie super gesund und es wäre viel sinnvoller einfach das „Unkraut“ zu essen, anstatt es krampfhaft auszurotten und an seiner Stelle Zuchtgemüse zu pflanzen. Zudem schützt sie durch ihre teppichartigen Wuchsform den Boden vor Erosion und Austrocknung.
Sie schützt sich selbst vor Frost, in dem sie ihre Blätter bei Kälte über die jungen Triebe legt.
Die Vogelmiere ist eine sog. Barometerpflanze. Bei gutem Wetter öffnen sich die kleinen Blüten gegen 9 Uhr morgens. Ist jedoch Regen im Anmarsch, bleiben sie geschlossen. Wenn die Blüten geöffnet sind, richten sie sich nach der Sonne.
Verwechslungsgefahr: Verwechseln kann man die Vogelmiere mit dem ähnlich aussehenden Acker-Hornkraut, das allerdings vollständig behaarte Stiele hat. Hornkraut ist allerdings ungiftig, sodass eine Verwechslung nicht allzu schlimm wäre. Vor der Blüte könnte man die Vogelmiere mit dem giftigen Acker-Gauchheil verwechseln. Der Stängel des Acker-Gauchheils ist allerdings vierkantig und das Kraut blüht orange. Eine weitere Verwechslungsgefahr besteht mit der Garten-Wolfsmilch, die allerdings aufrecht wächst. Da die Pflanze aber auch durch Schnee oder Regen zu Boden gedrückt werden kann und an ähnlichen Stellen wie die Vogelmiere wächst (manchmal direkt nebeneinander) sollte man sich jeder Pflanze beim Pflücken genau anschauen.
Eine genaue Erklärung zu den Verwechslungsgefahren findest du in diesem Video:
Inhaltsstoffe: Flavonoide (Rutin), Schleimstoffe, Triterpen-Saponine, Phenolsäure, Antrachinone, Mineralstoffe, Tannine und Terpenoide
Giftigkeit: ungiftig, enthält aber Saponine, die schleimhautreizend wirken können. Daher liest man manchmal, dass man die Vogelmieren nicht im Übermaß essen sollte.
Von Hauptinteresse bei den Frühlingskräutern sind vor allem immer die Vitamine und Mineralstoffe, weil das unser Körper nun braucht. Am meisten Vitamine und Mineralien enthalten junge Triebe.
50 g Vogelmiere decken den Tagesbedarf an Vitamin C. Das sind etwa 2–3 Hände voll.
Pflanze | Kalium | Kalzium | Eisen | Vit. C |
Vogelmiere | 632 mg/ 100 g | 107 mg/ 100 g | 5,5 mg/ 100 g | 60 mg / 100 g0 |
Gänseblümchen | 600 mg / 100 g | 190 mg / 100 g | 2,7 mg / 100 g | 87 mg / 100 g |
Grünkohl | 491 mg/ 100 g | 212 mg/ 100 g | 1,9 mg/ 100 g | 105 mg/ 100 g |
Wirkung: Schleimlösend, hautberuhigend, entzündungshemmend, schmerzlindernd, antioxidativ, lympfflussfördernd, nierenanregend,
Anwendung: Die Vogelmiere war als Heilpflanze eine Zeit in Vergessenheit geraten. Pfarrer Sebastian Kneipp entdeckte sie neu und wendetet sie z. B. bei Atemwegsinfekten an. Zudem kochte er das Kraut in Fleischbrühe und ließ dies kurmäßg bei Rheuma, Verstopfung und zur Entschlackung trinken.
Äußerlich: Frisch gepresster Saft auf juckende Hautpartien oder einen Aufguss zubereiten und gekühlt für Kompressen und Bäder verwenden. Als Ölauszug in Cremes gegen Juckreiz und Ekzeme. Bei entzündeten Augen, kann man die Augen in eine (penibel gefilterten) Abkochung baden. Vogelmiere kann äußerlich als Umschlag oder Salbe bei Hautentzündungen, Geschwüren, Furunkeln und Schuppenflechten helfen.
Es konnte in Studien nachgewiesen werden, dass ein Extrakt (wässrig oder alkoholisch) Bakterienwachstum hemmen kann. Bei Mäusen konnte eine beruhigende und angstlindernd Wirkung mittels Vogelmieren-Blätter-Extrakt nachgewiesen werden.
Innerlich: bei Reizdarmsyndrom, Husten, Nieren- und Blasenleiden und zur allgemeinen Stärkung des Organismus (auch als Frühjahrskur). Als Tee bei rheumatischer Arthritis. Frischer Saft zu Leberreinigung. Als Tee bei Halsentzündungen. Da es sehr viele Mineralien enthält, unterstützt das Kraut den Körper während der Rekonvaleszenz.
Das Kraut sollte am besten frisch verarbeitet werden. Getrocknet verliert es Inhaltsstoffe. Aus der Ethnomedizin ist allerdings auch bekannt, dass es getrocknet verwendet wird. In Asien und im tropischen Afrika werden die getrockneten Blätter zu Pillen, Pulvern oder Abkochungen verarbeitet, vor allem zur Behandlung von Hautinfektionen, Beinschwellungen, Herzinfektionen und Hämorrhoiden. Außerdem wird ein Sud aus den Blättern zur Behandlung akuter Magen-Darm- und Atemwegserkrankungen verwendet. In Indien wird eine Abkochung der Blätter verwendet, um tiefe Wunden zu verbinden, Blutungen zu stoppen und Tumore zu lindern. Pulverisierte Blätter, Stängel und Wurzeln werden in Form von Pflastern bei verrenkten Knochen und Schwellungen verwendet.
In der Küche: Das ganze Kraut kann verarbeitet werden. Es schmeckt knackig-mild nach einer Mischung aus Feldsalat und Mais. Die Vogelmiere macht sich gut in Kräuterquark, Smoothies, aber auch als „Spinat“ gekocht oder frisch im Salat.
Magisches/ Mystisches/ Traditionen: Dass die Vogelmiere eine Zeit lang nicht besonders beliebt, sondern als Unkraut verschrien war, kann man an folgenden Brauch erkennen: Wenn man zu Johanni zum Mittagsläuten die Vogelmieren an allen vier Ecken des Hauses jätet, kann man sie gänzlich ausrotten. Erst Kneipp stellte die Heilwirkung der Vogelmiere heraus und verwendete sie häufig als Hustenmittel. Das Kraut wurde früher als Mastfutter für Geflügel verwendet. In der Volksheilkunde sagte man der Vogelmiere nach, sie heile Gelbsucht.
In der Oberpfalz war es brauch den Kindern „Hühnerdarm“ in die Wiege zu legen, um sie vor dem Tod zu schützen. Interessant ist hier, dass Jungen „roten Hühnerdarm“ also Ackergauchheil und Mädchen „weißen Hühnerdarm“ als Vogelmiere zum Schutz erhielten. Das ist eine übliche Farbsymbolik.
Eine Salbe aus Vogelmiere sollte den Teufel austreiben.
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