
Familie: Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae)
Volksnamen: Schwarze Nieswurz, Christwurzel, Winterrose, Schneerose, Weihnachtsrose
Giftigkeit: Herzgift, äußert giftig 1a / sehr stark giftig +++. Alle Pflanzenteile äußerst giftig. Keine Differenzierung im Reifestadium.
Die Christrose ist eine mehrjährige und winterharte Staude, die in schattigen und kühlen Standortbedingungen gedeiht. Mit einer Höhe von 30 bis 40 cm bildet diese Pflanze buschige Rosetten aus glänzenden, dunkelgrünen, handförmig gelappten Blättern. Die Blütezeit erstreckt sich von Dezember bis März. Die weißen und violetten Blüten werden vor allem von Hummeln bestäubt.
Ursprünglich in Mittel- und Südeuropa heimisch, finden sich wilde Bestände der Christrose vor allem in den Alpenregionen Deutschlands. Sie bevorzugt einen halbschattigen Standort, besonders in humosen und kalkhaltigen Böden. Bereits seit dem 12. Jahrhundert wird sie als Gartenpflanze geschätzt.
Helleborus niger steht in Deutschland auf der roten Liste des potenziell gefährdeten Pflanzen.
Es gibt schätzungsweise etwa 15–25 Helleborus-Arten. In der Heilkunde spielen die Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus) und die Grüne Nieswurz (Helleborus viridis) eine Rolle. Die Zusammensetzung ihrer Inhaltsstoffe ist sehr ähnlich, daher werden sie meist gemeinsam besprochen.

Die Stinkende Nieswurz wird auch wilde Christwurz genannt. Sie blüht grün und die Blüten sind rot gerandet.
Sie wurde früher vor allem in der Tierheilkunde eine Rolle. Man behandelte damit die Rotlauf-Krankheit bei Schweinen.
Vorsichtig muss man sein, wenn von der „weißen Nieswurz“ gesprochen wird. Hier ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine andere (sehr giftige) Pflanze gemeint: der Weiße Germer (Veratrum album).
Inhaltsstoffe: Glycoside, Lactone, Steroid-Sapongenine (Helleborin → in den Wurzeln), Ranuncosid/ Ranunculin(in den Blättern), Thionine, Antioxidantien, Kohlenhydrate, Gerbstoffe. Zusätzlich Hellebrin in der Grünen Nieswurz.
Vergiftungssymptome: Übelkeit, Schwindel, Durchfall, Entzündungen der Mundschleimhäute, Herzrhythmusstörungen, Kreislaufkollaps. Letztendlich Tod durch Atemlähmung. Auch die Samen sind giftig, Vergiftungen können bereits nach dem Verzehr von 3 reifen Samenkapseln eintreten. Die Glycoside können auf Haut und Schleimhaut zu Blutungen und Blasenbildung führen.
Trotz allem kommen schwere Vergiftungen mit der Christrose heutzutage eher selten vor. Früher häufiger durch die Verwendung als Wurmkur und Niespulver. In der Statistik der Giftnotrufzentralen Berlin und Freiburg in den Jahren 2005–2013 wurde 22 Fälle gemeldet. Nur bei einem Fall traten leichte Symptome (Hautreizungen) auf.
Anwendung in der Pflanzenheilkunde: Heute nur noch in der Homöopathie. Dort wird die Christrose u. a. als Mittel gegen Krebs, Hirnhautentzündung und Demenz angewendet.
Volksglauben und Volksheilkunde: Wer ein Stück Wurzel bei sich trug, sollte ein langes Leben haben und war vor bösen Geistern und Seuchen geschützt. In der Volksheilkunde glaubte man, dass Nieswurzpulver mit Zucker gemischt, alte Leute wieder jung und kräftig machen würde. In geringer Dosierung wurden sich auch als Brech- und Abführmittel genutzt. Teilweise wurde sie wohl auch zur Förderung der Menstruation und zur Abtreibung genutzt.
Laut Plinius bestrichen die Gallier ihre Jagdwaffen mit Helleborus, weil sie glaubten, dass dadurch das Fleisch zarter wurde. Sie schnitten aber das Fleisch um den Einstich großzügig heraus, um Vergiftungen zu vermeiden.
Allerdings ist es nicht zu 100 % bewiesen, dass Plinius hier mit Helleborus die Christrose/Nieswurz meint. Er schreibt immer von einer weißen und schwarzen Helleborus. Daher könnte hier evtl. auch der weiße und der schwarze Germer gemeint sein. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man antike Quellen auch immer hinterfragen sollte.
Aus der Wurzel der Christrose wurde Niespulver hergestellt. Im Gegensatz zur heutigen Zeit war das Niesen etwas Positives, weil man glaubte, dass die Krankheit (egal ob körperlich oder seelisch) so aus dem Körper vertrieben wird. Daher erzeugte man einen Niesreiz mit solchen Hilfsmittel. Die Nieswurz war auch früher Bestandteil des „Schneeberger Schnupftabak“- eigentlich ein Schnupfpulver ohne Tabak. Heute besteht das Pulver nur noch aus Traubenzucker und Menthol. Früher war es aber eine interessante Mischung aus teilweise hochgiftigen Pflanzen, wie ein Rezept aus Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis zeigt:

“20 g Haselwurz (Asarum europaeum)
5 g Maiblumenblüten (Convallaria majans)
2 g Nieswurz (Helleborus niger)
50 g Veilchenwurzel (Iris germanica)
15 Tropfen Bergamottöl”
Magisches: Sie sind die ersten Blumen, die im Winter blühen und kündigen damit den neuen Jahreszyklus an. Man sprach der Christrose Zauberkräfte zu, weil sie dem Frost trotzen. Die moderne Forschung weiß inzwischen, warum das so ist. Die Blüten sind eine Symbiose mit Hefen eingegangen, die sich von Nektar ernähren. Durch den Stoffwechselprozess erhöht sich die Temperatur innerhalb der Blüte. Aber aufgrund dieser, auf magische Weise im Winter blühenden Blüte, war die Christrose eine wichtige Schutz- und Orakelpflanze. Sie wurde vor den Stall gepflanzt oder an die Stalltüre gehängt, um die Tiere vor Seuchen zu schützen. Als Orakelpflanze sollte sie das kommende Erntejahr vorhersagen. So pflückte man beispielsweise zwölf Blütenknospen der Christrose und stellte sie an Weihnachten ins Wasser. Jede Knospe steht für einen Monat. Öffnet sich in den nächsten Tagen eine Knospe, sollte dies auf gutes Wetter im entsprechenden Monat deuten. In Rheinlandpfalz sollten reichlich blühende Christrosen auf ein gutes Weinjahr hindeuten.

Im germanischen Sagenkreis wohnt in der Pflanze die Seele eines Kindes, das von seiner bösen Tante in der Winternacht verstoßen wurde. Die Göttin Freyja erbarmte sich des Kindes und verwandelte es in die Christrose.
Als sich der Heilige Martin während seines Exils auf die Insel Gallinaria bei Genua zurückzog, lebte er asketisch nur von Wurzeln, die ihm die Natur bot. Versehentlich verzehrte er die giftigen Helleboruswurzeln. Durch die Kraft des Gebetes konnte er die Vergiftungserscheinungen und den nahenden Tod bannen. Diese Legende ist mehrfach im frühen Christentum überliefert.
Gerade bei Giftpflanzen ist es immer wieder erstaunlich, wie hochgeschätzt sie früher waren, während sie heute oft in Vergessenheit geraten. Bei der Christrose blieb zumindest noch die Symbolik von Hoffnung und Neuanfang erhalten, die sie heute zu einer beliebten Weihnachtsblume macht und auch jetzt, zum Jahresbeginn, passt.
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